Frieden

Der Schmerz legt sich wie eine Fessel um deine Glieder. Der Schmerz, den nur dein Geist spürt. Der Schmerz, der dich zu zerreißen droht.
Solche Leiden zu produzieren, wäre dazu der Körper überhaupt im Stande? Oder sind es letztlich doch nur biochemische Prozesse, die in deinem Inneren ablaufen und dich nun quälen?

Dir ist das egal. Kackegal. Dieser herrliche Doppelschlag in deine Fresse kam unerwartet und er traf dich um so härter. Metaphorisch, der Schlag, natürlich. Warum müssen solche Dinge geschehen, fragst du dich nicht. Du fragst dich nur, warum sie dir geschehen müssen.

Gerade erst kommst du aus deinem behüteten Erdloch gekrochen, welches deine Kindheit war. Du räkelst dich in der strahlenden Sonne, blinzelst und streckst deine Fühler nach allen Seiten aus. Es fühlt sich gut an, wie die Sonne auf deiner Haut kitzelt. Geschissen auf den Kitsch. Denn dann das.

Du stehst da, wie gelähmt, in einem Universum aus Schwarz. Gleichgültig.
Wer einmal die Grenze zur Hoffnungslosigkeit überschritten hat, für den ist das Touristenvisum der Insel der Glückseligen abgelaufen. Eine Verlängerung gibt es nicht. Wohin man dich abschiebt ist dir jetzt auch egal. Nirgendwo und Überall können ja auch verlockende Ziele sein. Entschuldige! Verlockend vielleicht, aber nicht mehr für dich.

Von Ferne hörst du noch altbekannte Stimmen ausgeleierte Floskeln herbeten, wie: "Wird schon wieder!" oder "Halt die Ohren steif!". Doch die spiegeln ja nur die Hilflosigkeit derer wider, die dir helfen möchten aber nicht können und du kannst ihnen nicht böse sein.

Ein Grund mehr, dieser Welt, wie sie sich dir offenbart hat, den Rücken zu kehren. Aller falschen, weil eingebildeten, Freude. Meinst du.

Und Sünde ist es, in Zeiten der Not zu prassen. Töricht, den Abend vor der Schlacht zu feiern. Und trotzdem malen die Menschen bunt, was seit jeher grau ist. Am Ende spülen deine Tränen die Schminke ab und was von dir übrig bleibt ist weniger, als jemals da war. Hast du das erkannt, ist die Verzweiflung endlich komplett.

Es ist soweit. Die Party ist vorbei. Jedenfalls für dich, mein Freund. Das denkst du, bevor du gehst. Niemand wird dich vermissen, es gibt keine Lücken, die gefüllt werden müssten.

Du setzt dich ins hohe Gras, im Schatten der kleinen Kapelle. Du beobachtest, wie die Männer mit den Schaufeln sich in der Mittagssonne abrackern. Immer tiefer und tiefer arbeiten sie sich ins feuchte, modrige Erdreich hinunter, indem sie abwechselnd mit ihren Schaufeln zustoßen und dem Boden Stück für Stück sein Sein entreißen. Bis schließlich nur noch ihre Häupter zu sehen sind.

In der aufgeworfenen Erde neben der Grube räkeln und kringeln sich kleine Kreaturen. Die werden zuletzt von deinem Dasein profitieren. Wahrscheinlich sind sie da die Einzigen, denkst du. Und freust dich. So hat es am Ende doch noch etwas Gutes. Ein Lächeln auf deinen Lippen.


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