Sie sind wieder da. Kolben, die sich heben und senken, ölig und düster, absolut synchron. Maschine an Maschine an Maschine, kilometerlang und länger.
Kein Lichtstrahl scheint sich hierhin verirrt zu haben und doch ist alles sichtbar. Alles liegt matt vor mir, in dunklen, erdigen Farben. Kein Glänzen, kein Funkeln, blankes Metall, aber ölverschmiert. Ein in seiner Herkunft unbestimmbares, unendlich tiefes Dröhnen erfüllt die stickige Luft, ich spüre diese dumpfen Töne als Vibration in meinem Bauch und ich habe Angst.
Das Dröhnen wird schwächer, wenn die Kolben sich heben, stärker wenn sie sich senken, hinabstoßen mit unglaublicher Gewalt und in perfektem Zusammenspiel, Maschine um Maschine, Reihe um Reihe, endlos so weit das Auge reicht. Meine Position in diesem Bild ist unbestimmt, und doch - ich bin dabei, bin mittendrin, beobachte das Heben und Senken und ich habe Angst.
Mir ist nicht klar, ob die Maschinen zu mir oder ob ich zu ihnen gekommen bin, ich weiß nur sie sind da und ich bin hier, ich spüre die Vibration in meinem Bauch und ich weiß auch mit ebenso großer Sicherheit wie die letzen Male: Ich bin nicht alleine hier.
Es gibt nichts, was rein äußerlich an IHM zu beschreiben, nein, beschreibbar wäre. Keine Kleidung, keine Frisur, keinen Körper, kein Gesicht und doch ist ER nicht körperlos sondern sichtbare Person. ER steht einfach nur da, dort hinten zwischen den Maschinen, ER sieht mich nicht an, doch dass ER weiß, dass ich da bin, spüre ich genau und ich habe Angst.
Die Macht, die von IHM ausgeht, durchflutet die Maschinen, durchflutet mich. ER hat alles in SEINER Hand, bildlich gesprochen, ER ist die Energiequelle, ER ist der Antrieb, ER herrscht über die Maschinen. Ich weiß das, obwohl ich nicht einmal sagen kann woher ER kommt oder ob ER schon immer hier war. Ich weiß es einfach und ich habe Angst.
Die Maschinen arbeiten unermüdlich, keine Abnutzung, keine Fehlfunktionen, Reparaturen nicht erforderlich. Sie besitzen keine Bedienelemente, keine Schalter und Hebel, keine bunten Knöpfe oder blinkende LED´s. Kein Funken und kein Rauch entweicht ihnen, sie sind perfekt, strotzend vor Kraft und SEINE Macht steuert sie. Sie bilden einen Organismus und vermehren sich, sie breiten sich aus und verlangen nach Raum.
Was mir am meisten Angst macht ist, dass ich weiß, dass meine Angst nicht unbegründet ist. Ich weiß, dass ER dunklen Absichten folgt, Böses im Schilde führt, dass Altes beendet wird und Neues beginnt. Nichts wird wieder sein wie zuvor, niemals und für alle Zeiten. Dieses Wissen ist unanzweifelbar, ich weiß es einfach weil ich hier bin, hier in diesem Moment wird es mir bewusst. Es ist ebenso gewiss wie die Vibrationen, die meinen Magen erschüttern und die Angst die ich verspüre.
Ich kann jetzt mit ihnen fühlen, ich spüre ihren Hass und SEINE Macht, diese entsetzliche, gewaltige Macht, die ihnen befiehlt. Die Kolben heben sich, tausende und abertausende zugleich, keiner weicht auch nur einen Millimeter ab. Sie verweilen für Sekundenbruchteile an ihrem höchsten Punkt um dann wieder hinabzugleiten in ölige Zylinder, tief in die Herzen der Maschinen. Ich spüre die Kraft mit der sie zustoßen. Ein wahnsinniger, stechender Schmerz fährt durch meine Rückenwirbel, ich schreie auf und krümme mich unweigerlich zusammen während der Schmerz durch meine Gliedmaßen jagt, jeden einzelnen Muskel sich verkrampfen lässt.
Die Kolben heben sich wieder und ER steht immer noch dort, ER sieht mich nicht an aber ER weiß um meinen Schmerz.
Die Kolben erreichen ihren höchsten Punkt und ich vergehe vor Angst. Ich muss hier weg, ich will hier weg aber ich weiß, dass ich nicht fort kann, nicht aus eigener Kraft. Und würde ich Hunderte von Kilometern in diesem Maschinenorganismus zurücklegen: Ich wäre da, ER wäre da, die Maschinen und der Schmerz, meine unerträgliche Angst.
Die Gewissheit, dass die Kolben gleich wieder zustoßen, lässt mich zusammenkauern noch bevor der entsetzliche Schmerz meinen Körper durchzuckt. Ich schreie und winde mich und weiß in diesem Augenblick ganz genau, dass ER mir nicht helfen wird.
Die Kolben heben sich.
Die Kolben verweilen.
Die Kolben senken sich.
Licht. Helles, gleißendes Licht. Ich schließe die Augen, spüre den Schmerz noch einmal, schreie und halte inne --. Stimmen, ich höre Stimmen...
Was mir am meisten Angst macht ist, dass ich weiß, dass meine Angst nicht unbegründet ist.
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